Dreister Angriff auf die demokratische Vielfalt

Die schwarz-rote „Kommunalrechtsreform“

Es dürfte außer Zweifel stehen – freie, geheime und regelmäßig durchgeführte Wahlen sind ein wesentliches, wenn nicht das zentrale Element freiheitlicher Demokratien. Dabei spielen Mehrparteiensysteme und die damit einhergehende gesellschaftliches Beteiligung eine erhebliche Rolle. Ohne breite Bürgerbeteiligung gibt es keine Demokratie.

Und am Ende sind unsere Gemeindevertretungen die beste Form der Bürgerbeteiligung. Sie sind der Spiegel der Zivilgesellschaft vor Ort, die sich ehrenamtlich einbringt – ohne die auf Landes- oder Bundesebene üblichen Privilegien.

Jegliches „Reformieren“ oder „Novellieren“ des Kommunalwahlrechts sollte wohl überlegt sein. Dies trifft insbesondere auf das Auszählverfahren zu. Dieses hat den Wählerwillen bestmöglich abzubilden, nicht den Willen irgendeiner Regierung.

Die schwarz-rote Landesregierung ist da offensichtlich ganz anderer Meinung. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit meint man, das über viereinhalb Jahrzehnte bewährte Auszählverfahren nach Hare-Niemeyer plötzlich durch das Verfahren nach d’Hondt ersetzen zu müssen. Letzteres verzerrt nachweislich den Wählerwillen zu Gunsten der großen Parteien. In der Pressemitteilung des Innenministeriums ist dazu zu lesen, dass man der „oft lähmenden Zersplitterung“ entgegenwirken möchte, indem man das Auszählverfahren ändert.

Als Stadtverordnete in Mühlheim müssen wir feststellen, dass es nicht die angebliche Zersplitterung ist, die lähmt. Es ist vielmehr die Tatsache, dass Bund und Land ihre Verantwortung auf die Kreise und Kommunen abwälzen ohne für eine ausreichende finanzielle Kompensation Sorge zu tragen. Hessens Kommunen verzeichneten laut Hess. Statistischen Landesamt 2024 ein Finanzierungsdefizit von 2,6 Milliarden Euro. Das sind rund 300 Euro pro Einwohner. Der direkte Vergleich der kommunalen Finanzausstattung mit dem Freistaat Bayern, müsste der hessischen Landesregierung eigentlich die Schamröte ins Gesicht treiben.

Und anstatt in Wiesbaden das Auszählverfahren nach Hare-Niemeyer in Frage zu stellen, hätte man lieber bei der Berechnung der sog. aufkommensneutralen Hebesatzempfehlungen für die Grundsteuer A und B mit der gebotenen Sorgfalt gearbeitet. Das hätte den Mandatsträgern vor Ort viel Ärger und den Kommunen finanziellen Schaden erspart.

Wir unterstützen daher uneingeschränkt die Verfassungsklage der hessischen FDP-Landtagsfraktion vor dem Staatsgerichtshof.

Noch ein freundlicher Hinweis an die hessische CDU und SPD:
Falls man mit der Änderung des Auszählverfahrens die AfD in Schach halten wollte… die gehört inzwischen nicht mehr zu den „Kleinen“. Ganz im Gegenteil. Die macht man mit dieser „Reform“ noch stärker und lähmt damit zukünftig wirklich die kommunalen Parlamente!